Rede zum Volkstrauertag am 13.11.2022

Sehr geehrte Damen und Herren,

Erneut gedenken wir den Opfern von Krieg und Terror in der Welt. Die meisten von Ihnen sind Unschuldige, die weder einen Konflikt provoziert haben noch aktive Teilnehmer daran sind. Angesichts der Erfahrungen von Leid, Terror und Tod ist man verleitet auf eine Besserung und Einsicht zu hoffen, so dass die leidvollen Konfliktszenarien bereits im Entstehen erkannt und durch kluge Politik und Vermittlungsgeschick gewaltlos gelöst werden. Aber trotz der hohen Opferzahlen des letzten Jahrhunderts geht der Opfergang auch in den ersten Jahrzehnten des 21. Jahrhunderts in fast allen Regionen der Welt weiter.  Ausgenommen sind in Bezug auf die Kontinente nur die Arktis und Antarktis. In Asien sehen wir bewaffnete und absehbare bewaffnete Auseinandersetzungen auf den Philippinen, in Thailand und Indonesien, Taiwan, China – in Afrika in Libyen, Republik Kongo (ca. 4 Millionen!), Zentralafrikanische Republik Äthiopien, Nigeria, Somalia und Sudan – in Europa einen bewaffneten Konflikt in der Ukraine, und auf dem amerikanischen Kontinent in Kolumbien, Mexiko (Drogen). Die direkten Opferzahlen bewegen sich in den letzten Jahrzehnten beständig über 100 000 Personen im Jahr. Das dadurch hervorgerufenen Leid ist unsagbar. Es ist aber festzustellen, dass trotz der Erfolglosigkeit der Konfliktlösung durch bewaffnete Auseinandersetzungen keine Lehren aus der Geschichte gezogen wurden und weiterhin und konstant gewalttätige oder bewaffnete Auseinandersetzungen neu beginnen oder erneut ausbrechen. Dabei sind es oft alte Konflikte und Bruchlinien, die erneut gewalttätig werden. Um dies zu erkennen müssen wir geschichtlich gesehen Europa nicht verlassen. Mit dem aktuellen Ukraine-Konflikt haben wir ein Beispiel einer solchen Bruch -bzw. Konfliktzone, die seit ca. einem Jahrhundert besteht und mit dem Holodomor einen Höhepunkt fand, ohne dass eine fundamentale Konfliktlösung bisher erfolgt ist. Ein anderes Beispiel ist die West-Balkanregion mit zumeist ethnischen Konflikten, die seit Jahrzehnten schwelen und mit Militäreinsätzen bis dato gesichert bzw. stabilisiert werden (KFOR, SFOR). Schwelende Konflikte bestehen auch in unserer weiteren Umgebung, wie z.B. im Libanon (religiös) mit Folge der Destabilisierung des Staates und Verstetigung der Auseinandersetzung.  Daher stellt sich die Frage warum gewaltsame staatliche Konflikte immer wieder ausbrechen oder neue entstehen. „Rede zum Volkstrauertag am 13.11.2022“ weiterlesen