Sehr geehrte Leser,
auf der heutigen Sitzung des Gemeinderates wird entschieden‚ ob das Mitteilungsblatt in der jetzigen Form erhalten bleibt oder privatisiert wird. Klar ist, dass eine Übernahme durch den Nussbaum-Verlag der Stadt keine Vorteile bringt, aber für die Parteien, Wählervereinigungen, Vereine und Kirchen erhebliche Nachteile bedeutet (mit Ausnahme einer verkürzten Karenzzeit vor Wahlen für Parteien). Bei einer Übernahme würde eben ein gewinnorientiertes, privates Unternehmen darüber entscheiden, was veröffentlicht wird. Es soll für Vereine und Kirchen nur noch Ankündigungen von Veranstaltungen und Berichte darüber geben dürfen, und es darf nur noch lokal berichtet werden. Die Formulierungen des Verlages lassen offen, ob eine Kritik an der Verwaltung oder „Dritte“ noch gestattet ist. Eine Garantie auf Veröffentlichung oder eine Gleichbehandlung gibt es nicht mehr. Was veröffentlicht wird entscheidet einzig und alleine der Nussbaum-Verlag.
Zitat aus den Richtlinien des Verlages: „Eine Veröffentlichung kann stets abgelehnt werden, auch wenn der Artikel den Redaktionsrichtlinien entspricht, insbesondere wenn der übliche Umfang des Wochenblatts dies nicht mehr zulässt.“
Die Stadt Schriesheim hätte zukünftig keinerlei Einfluss mehr auf die Veröffentlichungsrichtlinien und die Preisgestaltung.
Wer es genauer nachlesen will, kann sich dazu die aktuellen Richtlinien für das Mitteilungsblatt sowie die Vorlage zur heutigen Gemeinderatssitzung ansehen. Beide sind auf der Heimseite der Stadt Schriesheim zu finden.
Man fragt sich also, wozu die Stadt sich auf eine solche Verschlechterung für die Parteien, Wählervereinigungen, Vereine und Kirchen einsetzt, denn weder eine rechtliche Notwendigkeit noch ein finanzieller Vorteil kann von der Stadtverwaltung nachgewiesen werden. Als einziger Grund dürfte es also die Hoffnung sein, unliebsame Meinungen verstummen zu lassen, wie das bereits in der Presse nachzulesen war.
Zitat der Stadtverwaltung: „Als Herausgeber ist Nussbaum Medien nicht im gleichen Maße an das Neutralitätsgebot oder die Gemeindeordnung gebunden, wie es die Stadt ist.“
Der Gemeinderat muss nun entscheiden was ihm wichtiger ist: Meinungsfreiheit und damit Demokratie für alle, die im Mitteilungsblatt publizieren, oder eben die Einschränkung der Meinungsfreiheit und damit die Aufgabe einer Schriesheimer Institution.
Was uns betrifft, so werden wir uns keiner Zensur beugen. Sollten also von uns keine Beiträge mehr erscheinen, dann wurden diese wohl zensiert.
Aber eines ist natürlich klar: zensierte Meinungen verschwinden nicht aus der Welt, auch wenn das einige einfach gestrickte Mächtige vielleicht glauben mögen.
Vorsorglich verabschieden und bedanken wir uns bei unseren Lesern. Auch bei denen, die zwar nicht (immer) unserer Meinung sind, aber die Größe besitzen, andere Meinungen zu respektieren.
Thomas Kröber
demokratiekulturverein@gmail.com
dkv-schriesheim.de
„Einigkeit und Recht und Freiheit“